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B. Aust - Referent für Europapolitik der Bundestagsfraktion der LINKEN

Gastbeitrag: "Folgen von TTIP, CETA & Co. für die Kommunen"

Bis heute stehen kommunale Selbstverwaltung und Organisationsfreiheit unter besonderem Schutz. Sie sind im Grundgesetz verankert. In die Zuständigkeit der Gemeinden, Landkreise und Städte fallen u. a. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Energieversorgung, Abfallbeseitigung, Öffentlicher Personen- und Nahverkehr (ÖPNV), Gesundheitsversorgung, Schulen, Kinderbetreuung, Kultur- und Freizeitangebote sowie wichtige regulatorische Aufgabenbereiche der Stadt- und Raumplanung.

Kommunen können gestalten

Die Kommunen erbringen diese Leistungen entweder in „Eigenregie“ durch kommunale Unternehmen oder sie beauftragen private Unternehmen über die Vergabe von Konzessionen bzw. öffentliche Aufträge. Durch die Bindung der Vergabe an (kommunal-)politische, soziale, wirtschaftliche oder umweltbezogene Kriterien können sie gestaltend wirken: 

Sie können  Auftragsnehmer zur Bezahlung vergaberechtlicher Mindestlöhne verpflichten. Durch die Bevorzugung lokaler kleiner und mittelständischer Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen können sie lokale Wirtschaftskreisläufe unterstützen. Handlungsfähige Gemeinden, die ihren Bürger/innen eine funktionierende Infrastruktur, soziale und kulturelle Dienstleistungen zur Verfügung stellen und Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards in örtlichen Wirtschaftskreisläufen durchsetzen und verankern können, sind im Interesse der Menschen.

Kommunen unter Privatisierungs- und Liberalisierungsdruck 

Bereits heute sind die Kommunen jedoch erheblichem Privatisierungs- und Liberalisierungsdruck ausgesetzt: Ein entscheidender Grund dafür ist die prekäre Finanzlage. Bund und Länder wälzen Kosten für sozial- und bildungspolitische Leistungen auf sie ab. Viele Gemeinden sind zu rigiden Sparmaßnahmen, zu Einschränkungen ihres Leistungsangebots sowie zu Privatisierungen zur Haushaltskonsolidierung gezwungen, um wenigstens die Leistungen zu erbringen, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind.

Zudem verfolgt vor allem die EU-Kommission seit den 1990er Jahren mit konsequent neoliberaler Politik das Ziel, die (noch) geschützten Bereiche der Daseinsvorsorge sukzessive für „den Markt“ zu öffnen und zu privatisieren. Dabei wird sie von der Mehrheit der EU-Regierungen teils offensiv unterstützt. Hinter dieser Politik steht eine finanzstarke und einflussreiche Lobby aus internationalen Investoren, multinationalen Konzernen und ihren Interessensverbänden. Sie sind an der Übernahme lukrativer kommunaler Betriebe sowie an einem uneingeschränkten Zugang zur öffentlichen Auftragsvergabe interessiert.

Mit dem Inkrafttreten der Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA würde diese Politik fortgesetzt und radikalisiert. Einmal auf die Ebene völkerrechtlich bindender Verträge verankert, wären die Liberalisierungsverpflichtungen politisch fast nicht mehr umkehrbar.

Kommunale Organisationsfreiheit massiv eingeschränkt

1) Kommunen würden einem erheblich gesteigerten Liberalisierungs- und Privatisierungsdruck ausgesetzt. Bislang geschützte Dienstleistungen müssten für den Markt geöffnet werden. Kommunale Unternehmen und lokale Unternehmen stünden unter einem erhöhten Verdrängungsdruck durch multinationale Konzerne. 

2) Die Handlungs- und Gestaltungsspielräume würden durch die verschärfte Markt- und Wettbewerbsorientierung bei Konzessionsvergaben und Ausschreibungen drastisch beschnitten. Arbeitsrechtliche, umweltpolitische und andere Vergabekriterien wären fast nicht mehr durchsetzbar. 3) Mit den vorgesehenen weit reichenden Investorenschutzregeln und Klagemöglichkeiten vor Schiedsgerichten (ISDS-Verfahren) bekämen multinationale Konzerne quasi ein Vetorecht gegen politische Regulierungen.