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Foto: Heike Mildner
Landtagsabgeordnete Bettina Fortunato (4. v. l.) und Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann (5. v. l.) besuchen Tierzuchtgut Heinersdorf

Bettina Fortunato

Ausgegrenzt oder gebraucht? Landtagsabgeordnete nach einem Jahr Opposition

Z wei Wahlperioden waren die LINKEN in Regierungsverantwortung. Scheinbar, schaut man sich die Wahlergebnisse von 2019 an, hat das der Partei geschadet.

Die Genossinnen und Genossen fühlten sich geschwächt. Der Ruf nach Oppositionsarbeit wurde laut, um der Partei wieder ein „Gesicht“ und ihr gewohnte Stärke zurückzugeben.

Die Frage, ob die Kraft einer/unserer Partei nur vom parlamentarischen Handeln oder auch durch ihre innerparteiliche Zusammenarbeit geprägt wird, ist meiner Meinung nach noch nicht ausdiskutiert. Linke Politik im Landtag unseres Landes begeht übrigens in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum.

Mittlerweile haben sich Generationen von linken Politikerinnen und Politikern darum bemüht, Politik für und vor allem mit den Brandenburgerinnen und Brandenburgern zu gestalten. Zunächst 19 Jahre in der Opposition, unter dem Motto „Alternativen sind machbar“. Danach für zwei Wahlperioden in Regierungsverantwortung. Nun also, seit 2019, erneut in der Opposition mit 10 Abgeordneten. In all den Jahren haben wir versucht, politische Antworten auf gesellschaftliche Entwicklungen in Brandenburg und in Deutschland zu geben. So waren wir Anfang der 90er Jahre die einzige Linksfraktion, die gemeinsam mit den anderen Fraktionen und zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern an der gemeinsamen Landesverfassung mitarbeitete. Das Ergebnis war die anerkannt modernste Verfassung in Deutschland.

Linke Handschrift unter Beweis stellen

In Regierungsbeteiligung haben wir zum Beispiel die Finanzkraft der Brandenburger Kommunen erheblich verbessert, uns für mehr Bürgerbeteiligung, für das Jugendwahlrecht und die gleichberechtigte Vertretung von Frauen im Parlament, für Menschen mit Behinderung und Queere, für die Senkung des Betreuungsschlüssels in Kitas, für die Einstellung von mehr Lehrinnen und Lehrern, und für die Verbesserung der Finanzierung der Musikschulen eingesetzt. Auch wenn es immer wieder klein geredet wird: Rot-Rot trug eine deutliche linke Handschrift. Wir LINKEN sind fl eißige Arbeiter, aber leider sehr schlechte Verkäufer. Das schlug sich dann auch in den Ergebnissen der letzten Landtagswahlen nieder, aber auch bei den Kommunalwahlen.

Die politische Auseinandersetzung im Parlament hat sich über die Jahre sehr verändert. Es gab eine von gegenseitigem Respekt geprägte Zusammenarbeit auch mit den Christdemokraten. Diesen Umgang mit der demokratischen Opposition haben wir LINKEN auch in den zehn Jahren unserer Regierungsbeteiligung gepflegt.

Von all dem ist heute nicht mehr viel übrig.

Konsequent für soziale Entscheidungen eintreten

Nur ein Beispiel: Trotz des Versprechens im Koalitionsvertrag, das Regierungshandeln durch „einen neuen Politikstil prägen“ zu wollen, beziehen die Koalitionsfraktionen die linke Opposition in Entscheidungsprozesse kaum ein. Und so gibt es bis heute nicht einen einzigen Entwurf einer CoronaVerordnung, der dem Parlament so rechtzeitig zugesandt wurde, dass auch wir dazu unsere Position hätten einbringen können — trotz tiefer Eingriffe in Grundrechte aller und der Pfl icht der Landesregierung zur Unterrichtung des Landtages, seit 1992 in unserer Verfassung verankert.

So geht es uns auch bei der Ausschussarbeit oder mit Anträgen im Parlament. Sie werden einfach weggestimmt, auch wenn sie fachlich noch so fundiert sind.

Das ist etwas, was mir außerordentlich schwerfällt: Arbeiten für den „Papierkorb“. Ich sage mir dann immer: Fachlich gute Arbeit abzuliefern und einen geraden Rücken zu machen. Das ist jetzt unser Auftrag.

Ich glaube aber, und das begegnet mir bei der Arbeit oft, dass viele Menschen in Brandenburg es sehr wohl merken, dass wir die einzigen sind, die sich für eine konsequent soziale Politik einsetzen, sich um ihre Sorgen kümmern und sich für Lösungen stark machen: Wie gerade jetzt in Corona-Zeiten — mit Hilfen für Solo-Selbstständige, Prämien für die Mitarbeiter*innen in den systemrelevanten Berufen, Unterstützung für Kultur und Kommunen und vieles mehr.

Durchsetzen können wir unsere Forderungen nicht ohne Unterstützung der Zivilgesellschaft, der Genoss*innen unserer Partei und öffentlichen Druck auf die Koalition.

Gemeinsam müssen wir im Land für unsere politischen Ansätze werben. Die Fraktion allein ist nicht die Linkspartei und soll es auch nicht sein. Die Partei muss uns immer zwei Schritte voraus sein. In ihren Ideen und vor allem in ihren Forderungen und Lösungsansätzen. Daran müssen wir alle arbeiten, auf allen Ebenen. Ein vertrauensvoller Austausch ist dabei nicht nur dringend notwendig, sondern auch erwünscht. Wer von Beginn an Misstrauen verbreitet, kann kein offenes Gespräch erwarten. Das gilt für uns alle in der Partei und darüber hinaus.

Lasst uns bei allem, was noch vor uns liegt, immer daran denken. DIE LINKE will wissen, wo den Menschen der Schuh drückt und was sie von uns erwarten, egal, ob im Bund, im Land oder in der Nachbarschaft! Das war unser Motto seit 30 Jahren und soll es auch bleiben.

Bettina Fortunato
Abgeordnete im Landtag Brandenburg